... so könnte man meinen Verlauf des Hamburg Marathons am Sonntag in kurze Worte fassen...
Am Freitag in Hamburg angekommen, ging's erst mal auf die Marathonmesse um die Startnummer zu holen. Das ist meist der erste Eventkontakt und so macht sich ab dort auch meist die erste Nervosität bemerkbar. Den Samstag gingen wir ganz relaxed an und so machten wir eine große Hafenrundfahrt mit um die Beine weitestgehend zu schonen. Das Wetter war nur traumhaft und so hofften wir natürlich auch auf ähnliches am Sonntag...
Vom Hellwerden geweckt öffnete ich die Augen in der Früh und sah nur grau. Ein weiterer, gezielter Blick nach draußen ließ nichts gutes ahnen. Nieselregen und nach öffnen des Fensters merkte man auch gleich, dass es deutlich abgekühlt hatte. Allerdings sah es so aus, als wäre es wenigstens einigermaßen windarm und so machten wir erst mal ein obligatorisches Marathonfrühstück in aller Ruhe. Um 07:30 Uhr zogen wir schließlich los in Richtung U-Bahn, eingepackt in Jacke und Regenschutz. Auf der Fahrt zu den Messehallen strömten immer mehr Läufer ein und der Hormonspiegel ging so langsam in die Höhe. Vor Ort hatten wir noch alle Zeit der Welt, doch das WarmUp gestaltete sich aufgrund der vielen Läufer und des nassen Wetters schwierig. Im Regenponcho eingepackt wie ein Braten in Frischhaltefolie trabte man auf kleinstem Raum von links nach rechts um irgenwie noch etwas trocken zu bleiben. Gegen 09:00 Uhr machten wir uns auf zu unserem Startblock. Für mich ging's ganz nach vorn in Block A - dank der türkischen Elitenationalläufer gestaltete sich der Weg dorthin sehr leicht, denn wir bahnten uns wie bei einer Polonäse den Weg nach vorn. Jetzt hieß es warten, konzentrieren und vor Allem irgendwie warm bleiben. Die Folie hielt zwar die Nässe ab, die Kälte machte sich dann aber doch ziemlich schnell bemerkbar - da half alles Hüpfen nichts mehr. Um 09:30 Uhr ging's endlich los...
Angeläutet von einer Schiffsglocke ging's auf die Strecke, 15 Sekunden hinter der Elite und die Stimmung war gleich zu Beginn ziemlich gut und ich versuchte meinen Rhythmus zu finden. Die ersten Kilometer passten exakt und so war ich ziemlich guter Dinge - doch nach bereits drei Kilometern merkte ich, wie meine Schienbeine auf beiden Seiten immer härter wurden. "Weiter, weiter, das läuft sich schon ein...", dachte ich mir und drückte weiter mein Tempo durch, musste jedoch immer etwas den Laufstil variieren. Der Nieselregen war noch ganz erträglich, aber die Kälte machte sich trotz Handschuh und Armlingen bemerkbar. Nach zehn Kilometern waren die Schienbeine wieder einigermaßen und die Durchgangszeit mit 35:31 Minuten passte auch in meinen Zeitplan. Vor den Landungsbrücken am Elbufer ging es dann doch ganz schön bergan für diese Region, was sich noch auf mehreren Streckenabschnitten bemerkbar machte. Wir passierten einen mega langen Tunnel, der mit Musikboxen durchhallt wurde und richtig Lust zu laufen machte - gigantisch! Leider begannen bereits nach 13 Kilometern meine Waden hart zu werden, was ich auf den unrunden Laufstil zurückführe. Doch mein Wille war ungebrochen und so beschäftigte ich mich mit allem Anderen nur nicht mit den Signalen, die da von unten kamen. Nach 15 Km in 53:17 Minuten, 20 Km in 01:11:11 Stunden und der Halbmarathonmarke in 01:15:12 Stunden war das Rennen noch offen für Alles. Dennoch bemerkte ich schon früh, dass es einfach nicht so läuft wie ich mir das vorgestellt hatte. Eine weitere berganführende Passage bremste bevor ich wieder eine kleine Gruppe fand, mit der ich mitziehen konnte. Mit 01:47:58 Stunden passierte ich gerade noch so die 30 Km nach Zeitplan aber merkte ein paar Kilometer später, dass trotz aller mentaler Anstrengung und Überredungskünste der Körper nicht mitmacht. Meine Brille musste ich bereits ein paar Kilometer vorher abnehmen, da ich durch den Regen überhaupt nichts mehr sah, doch auch ohne Brille war dies nicht besser. Die Kälte zog mir förmlich die Augen zusammen. Die Waden waren steinhart und teilweise zuckte es auch mal an und so entschied ich mich nach 35 Kilometer das Rennen in einem Tempo zu beenden um das Minimalziel zu erreichen, da auch eine neue Bestzeit in weiter Ferne lag. Die Beine schmerzten nur noch und die Kälte ging mir durch den ganzen Körper. Nach 02:37:05 Stunden kam ich schließlich auf einem guten 99. Gesamtrang (Platz 83. der Männer / AK 28.) erschöpft und durchgefroren ins Ziel. Mein Kiefer zitterte durchgängig genau wie meine Hände, so dass ich kaum meine Verpflegung im Athletenbereich halten konnte. Erst nach einer heißen Dusche, Massage und etwa 30 Minuten beruhigte sich mein Körper etwas und begann wieder zu funktionieren.
Was bleibt mir nach dem Rennen zu sagen? Für mich war es einfach zu kalt, da ich trockene und etwas mildere Temperaturen bevorzuge. Bereits die vorangegangen Rennen in Ottobeuren und Freiburg bin ich bei widrigsten Bedingungen gelaufen und so haben vielleicht auch diese Läufe schon mehr Körner gefordert als sie sollten. In Hamburg erging es vielen Athleten und auch der Elite ähnlich wie mir und im Nachgang kann ich für mich sagen: "Ich habe gekämpft - aufgegeben wir nur bei der Post!" Mit dem 99. Gesamtrang bei über 10.000 Marathonläufern kann ich zufrieden sein und es war sicherlich eine erste Generalprobe für den nächsten Versuch unter 02:30 Stunden zu laufen. Ich bin und bleibe motiviert. Diese Woche bin ich bereits zweimal gelaufen und war 100 Km auf dem Rennrad. Am kommenden Sonntag laufe ich noch in München beim Wings for Life Worldrun und versuche weitmöglichst zu kommen: Run for those, who can't! Das Wetter soll leider wieder bescheiden werden, aber da es keine festgelegte Ziellinie gibt, freue ich mich einfach auf eine coole Atmosphäre mit vielen tausend anderen Verrückten, die etwas gutes für die Querschnittsforschung tun. Übertragen wird das ganze auf Servus TV ab 13:00 Uhr live. Bericht folgt ;-).
Alles gute und sportliche Grüße,
euer Steffen.