Griaß eich,
so langsam kann ich das Geschehene beim 42. BMW Berlin-Marathon realisieren! Und so schwimme ich schon seit ein paar Tagen in einem großen Endorphinsee....
Am 21. September sind Moni und Ich zurück ins Tal gefahren, nachdem wir zwei Wochen Urlaub / Höhentraining auf der Seiser Alm hinter uns hatten (extra Bericht folgt!). Trotz ausgiebigen fünf Gänge-Menüs jeden Abend konnte ich mein Gewicht nochmals bis auf 61,3 kg reduzieren und so waren die Voraussetzungen für Berlin perfekt! Ruckzuck holte uns der Alltag wieder ein. Überall hustende Menschen und schniefende Nasen machten die Angst ziemlich groß, noch vor dem großen Tag krank zu werden. Moni erwischte es leider mit einer Erkältung und wir unternahmen alles, damit sie auch starten konnte. Am Freitag flogen wir von Stuttgart nach Berlin mit einer Stunde Verspätung und auch die Suche nach unserem Hotel gestaltete sich sehr abenteuerlich! Letztlich kamen wir noch in unserem Hotel im Stadtbezirk Schönefeld an.
Am Samstagmorgen machten wir uns zeitig auf zum Warm-Up oder wie wir es nennen: "Gummibärenlauf" - die vielen Holländer in unserem Hotel gingen zum Breakfast-Run. Ich fühlte mich super und auch
die kurzen Steigerungen bis ins Marathontempo stimmten mich positiv. Auch Moni fühlte sich etwas besser und trabte mit mir durch Berlins Straßen. Nach einem ausgiebigen Frühstück ging's gegen
Mittag auf die Marathonmesse im alten Zentralflughafen Berlin Tempelhof. Der geschichtliche Hintergrund mit der Luftbrücke macht diesen Messeort in den vielen Hangars zu etwas ganz besonderem.
Wir kämpften uns durch die Massen und starteten zum Stand meines Sponsors WobenzymPlus, denn dort konnten wir Falk Cierpinsky persönlich treffen und uns die letzten Tipps holen. Nach einem netten
Gespräch mit Falk ging's in die lange Läuferschlange um unsere Startunterlagen druckfrisch abzuholen. Ein immer wieder aufregendes Gefühl in Berlin. Geradewegs ging's weiter zum Erdinger-Stand
und dort trafen wir uns mit Christian, Edi und Gabi. Ein alkoholfreies Weißbier und viel Spaß stimmte uns auf den Marathon ein. Bevor es zurück ins Hotel ging um die Beine hochzulegen schaute ich
noch bei meinem Unterstützer Hans-Peter Danneberg von Chiamind-Performance vorbei - war nett dich kennen zu lernen! Am frühen Abend ging's mit der S-Bahn nochmal an den Alexanderplatz zum
Abendessen, bevor wir dann zeitig das Licht ausknippsten.
Um 05:45 Uhr ging der Wecker runter. Mit halb geöffneten Augen öffnete ich die Vorhänge und das Wetter war herrlich! Ich fühlte mich bombastisch und wurde schnell wach. Nach dem provisorischen Zimmerfrühstück packten wir schnell unser Gepäck und machten uns auf zur S-Bahn in Richtung Start. Am Hauptbahnhof angekommen strömten schon die Massen in das Start-Ziel-Gebiet. Wir bahnten uns relativ schnell einen Weg durch die vielen Läufer, gaben die Kleidersäcke ab und machten uns auf zu unserem Startblock: für Moni ging's in Block E, ich musste noch einige Meter weiter bis in Block A. Dort vorn wurde schon eifriges Aufwärmen betrieben und viele sind wohl in den 90er Jahren mit ihrem Warm-Up stehengeblieben. Ich blieb ganz locker und erst 20 Minuten vorher trabte ich gemütlich ein paar Mal auf und ab und beschleunigte für ein paar kurze Meter. Ich trank die letzten 500 ml Wasser eine viertel Stunde vor dem Start und machte mich fünf Minuten vorher auf in den Startblock. Dort traf ich noch EnzymkraftTeam-Kollege Marius Förster. Nach ein paar Worten mit den heutigen Zielvorstellungen ging es dann auch schon los...
"3...2...1...GO - welcome to Berlin!" 41.221 Läufer / -innen machten sich auf durch die Berliner Straßen. Die Stimmung wie in jedem Jahr einfach nur noch grandios! Die TV-Hubschrauber am Himmel, die Führungsfahrzeuge vor uns, links und rechts nur Läufer über Läufer. Ich hatte es bereits im Vorfeld vermutet, dass sich die GPS-Angaben auf meiner Uhr verselbstständigen und so war es auch! Also rechnete ich jeden Kilometer und versuchte von Beginn an nach Gefühl zu laufen. Mit 3:41min/km hatte ich schon beim ersten Kilometer eine Punktlandung und so rollte ich mich langsam in meinen Rhythmus. Zu Beginn war das Feld noch sehr eng und viele gingen ein Wahnsinnstempo an, doch davon ließ ich mich nicht irritieren. Da ich meine Pacetabelle am Arm hatte, lief ich einfach meinen Fahrplan ab. Nach 18:28 Minuten passierte ich die ersten fünf Kilometer (geplant 18:36) und ich fühlte mich einfach nur hervorragend. Im Gegensatz zu meinen Mitläufern hatte ich keine Anstrengungszeichen im Gesicht stehen. Auch die darauffolgenden fünf Kilometer liefen mit 18:19 MInuten hervorragend (10 Km Durchgangszeit 36:47 Minuten / geplant 37:12). Da ich etwas zu flott war entschied ich mich etwas Tempo rauszunehmen und ging bei 15 Km mit 55:27 Minuten (geplant 55:49) durch. Damit lag ich wieder voll auf Kurs und legte wieder etwas Tempo drauf. Die Halbmarathonmarke erreichte ich nach 01:17:38 Stunden und noch immer lief es einfach rund! Ruhige Atmung, lockeres Laufgefühl und ein absolut klarer und konzentrierter Kopf trieben mich weiter an. "Was würde Markus jetzt sagen? 'Jetzt musst du auf die Tube drücken!' vermutlich!", dachte ich mir und so begann ich weiter das Tempo zu erhöhen. So langsam zersplitterten die ersten Grüppchen und auch die Sprintstars vom Start kamen mir rückwärts entgegen! Da wurde schon mit Krämpfen am Streckenrand gedehnt und gehumpelt was das Zeug hielt.
Ich holte immer mehr Läufer ein und das trieb mich immer weiter und schneller voran! Die Motivation stieg von Kilometer zu Kilometer und so kam ich bei 25 Km mit 01:31:54 Stunden durch. Nur zwei Sekunden hinter meiner Planzeit! Genau kontrollierte ich von nun an für die nächsten fünf Kilometer mein Tempo und konzentrierte mich auf meinen Rhythmus. Es war wohl der Zeitpunkt des Tages, als mich die Startnummer 9118 überholte. Daniel Coffey aus Irland lief an mir vorbei und ich nutzte die Gelegenheit und hing mich in seinen Windschatten. Er legte ein unglaubliches Tempo vor und so konnten wir sogar noch ein paar Elite-Damen einholen. Kilometer 30 passierten wir nach 01:50:08 Stunden und nun lag ich fünf Sekunden vor meinem Fahrplan, was mir ein weiteres Mal ein gutes Gefühl gab. Die Kilometer verinnten nur so und immer mehr Läufer, die ihr Anfangstempo nun zu spüren bekamen standen am Straßenrand oder stiegen ganz aus. Nach 02:08:01 Stunden überquerten wir die 35er Marke - inzwischen hatte ich 34 Sekunden auf meine Planzeit herausgelaufen. Die letzten sieben Kilometer galt es zu überstehen und so forcierten wir nochmals das Tempo. Die letzte lange Gerade entlang des Sony-Centers zum Potsdamer Platz wollte einfach nicht enden, doch als ich das 40 Km Schild sah und auf die Zeit blickte konnte ich es fast nicht glauben. Mit 02:25:48 Stunden war ich 1:08 Minuten vor meinem Fahrplan. Ich rechnete so gut es ging im Kopf nach oben und malte mir eine Traumzeit aus und so setzte ich alles auf eine Karte und hielt voll drauf. Die Adduktoren in der linken Leiste zuckten kurz an und so musste ich doch nochmal das Tempo für einige Meter reduzieren, bevor es auf die lange Zielgerade ging. Das Brandenburger Tor immer im Blick und volle Kraft voraus ... what a feeling ... das war fast wie fliegen! Es ist immer wieder ein unglaubliches Erlebnis durch dieses Bauwerk den Zielsprint anzusetzen. Ich sah' die Zieluhr ticken und ich drückte nochmal alles aus den Waden, was da noch irgendwie in den letzten Muskelfasern hängen könnte und bam ... 02:33:38 Stunden ... ein Aufschreien im Ziel ließ sich einfach nicht vermeiden! Ich schaute nochmals auf die Uhr und konnte es nicht glauben! Negativ-Split ... die zweite Hälfte in 01:16:00 Stunden ... der absolute Wahnsinn! Damit wurde ich im Gesamtclassement 180. , 62. in der Altersklasse MHK und 23. Deutscher.
Im Zielbereich kannte sich erst mal keiner aus, da wir nirgends weiter durften. Laut den Informationen der Helfer, wurde das Finisherareal komplett polizeilich gesperrt aufgrund eines personenlosen verdächtigen Startbeutels der so auf dem Gelände herumlag. Wir verpflegten uns und versuchten uns mit Wärmefolien warmzuhalten. Erst nach 30 Minuten konnten wir endlich unsere Kleidersäcke holen und zur Massage als auch dem Bierstand entgegen treten! Drei alkoholfreie Weißbier füllten die leeren Tanks schnell wieder auf. Auch in diesem Marathon bin ich ohne Trinken und ohne Gel durchgekommen, lediglich bei Kilometer 41 habe ich mir noch einen pappsüßen Tee genommen für die letzten Meter. Mein einziges Laufutensil unterwegs war ein nasser Schwamm :P. Im Zielbereich wartete ich dann auf Moni, Christian und Edi, bevor wir uns die verdiente Berliner Currywurst mit Pommes und Bier vor dem Brandenburger Tor gönnten! Da schmeckt es einfach nochmal so gut.
Nach etwas Ruhe im Hotel ging es noch zu einem leckeren Abendessen bei einem Griechen in Berlin-Schönefeld / Adlershof. Nach drei Ouzo und einem König-Ludwig-Dunkel war die Nacht auch gerettet :P ... wir haben geschlafen wie ein Baby. Nach dem Frühstück besuchten wir noch Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett und gingen noch auf die Siegessäule - genau ... viele Treppen!!! , bevor wir eine Eilfahrt durch Berlin zum Flughafen hatten. Gerade noch den Check-In erwischt und ab ging's zurück nach Stuttgart-Echterdingen.
2:33:38 Stunden (PB) ... und jetzt???
Es dauert schon eine ganze Weile bis man so eine Zeit realisiert und weiß, was man da überhaupt geschafft hat. Ich glaub so ganz
verstanden habe ich es immer noch nicht. Für mich persönlich ist es ein riesen Erfolg und davon kann ich eine ganze Weile zerren. Heute, 02.10. bin ich die ersten fünf Kilometer gelaufen und
obwohl sich meine Beine zu Beginn gut angefühlt hatten, habe ich erst unterwegs gemerkt wie viel Körner ich in Berlin gelassen habe! Die Waden sind schon noch sehr beleidigt und so habe ich mich
dazu entschieden erst einmal kürzer zu treten. Eine lange erfolgreiche Saison liegt hinter mir, inzwischen habe ich über 3000 Jahreskilometer in den Beinen, inkl. vier Marathons. Und so bleibt
mir nun in der Regenerationsphase genug Zeit für die nächste Saison zu planen. Ich muss Entscheidungen treffen über mein kommendes Training und die Vorgehensweise um meine Traumzeit von Sub2:30h
zu erreichen.
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz besonders bei einigen Menschen bedanken!
An erster Stelle bei meiner Freundin Moni, die sich selbst in Berlin angeschlagen durchgekämpft hat in einer respektablen Zeit. Danke für deine Toleranz und dass du mir soviel Freiraum für unser gemeinsames Hobby gibst! Ich bin stolz auf dich.
Danke an meine Familie, die mir immer den Rücken stärkt und an mich glaubt. Danke, dass ihr immer für mich da
seit!
Danke an Markus Mallmann, der mir in allen Trainingsfragen als auch mental Unterstützung gegeben hat und mich durch die lange Saison begleitet und motiviert hat! Du hast mir den richtigen Wegweiser gegeben und mich auf den "schnellsten" richtigen Weg gebracht. Danke für deine Ratschläge und ich freue mich schon auf die nächste gemeinsame Laufrunde und viele nette Gespräche! Hinten kackt die Ente :-D
Danke an alle Sponsoren, die mich über die ganze Saison hinweg unterstützen, egal in welcher Form. Danke an meinen Verein Laufarena Allgäu, an meinen Hauptsponsor WobenzymPlus, an den Laufschuhhändler meines Vertrauens Laufsport Saukel (danke Joachim! - der TakumiRen rockt!). Danke an ChiamindPerformance und an Fuß&Fit Füssen. Danke auch an das MTZ Kempten und meinen Kollegen Michi, der mir immer meine Beine und mein Fahrgestell wieder hinbiegt :P.
Ich wünsche allen noch viel Erfolg bei den Herbstläufen / -marathons und eine gute Regeneration bevor ich mich in der kommenden Saison in der Altersklasse M30 (obwohl ich erst 29 werde!) beweisen darf.
Viele sportliche Grüße, Steffen.
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Fridl Weixler (Montag, 09 November 2015 15:50)
Gratuliere, Steffen. Sehr gut gemacht.
Steffen (Dienstag, 10 November 2015 13:38)
Hey Fridl, vielen Dank ;-) jetzt heißt es Unterdistanzen putzen! Liebe Grüße!